Über das Auge erfasst der Mensch die meisten Informationen. Daher werden auch am Computer immer mehr Daten über digitale Bilder und visuelle Simulationen verarbeitet, zum Beispiel in der Medizin, in der Multimediatechnik oder der industriellen Qualitätskontrolle. Bisher haben sich damit vor allem zwei Forschergruppen beschäftigt: Die Computergraphiker entwickelten für den Benutzer die visuellen Oberflächen, Forscher auf dem Gebiet „Computer Vision“ werteten die in Bildern und Filmen enthaltenen Informationen aus. Diese unterschiedlichen Fachgebiete sollen nun miteinander verschmelzen, um die Wirklichkeit künftig noch besser auf digitale Weise abzubilden. „Visual Computing“ heißt das neue Forschungsgebiet, mit dem sich Wissenschaftler aus der ganzen Welt bei einer Tagung vom 22. bis 27. April im Internationalen Begegnungs- und Forschungszentrum für Informatik, Schloss Dagstuhl beschäftigen.
Durch das digitale Fernsehen, das dreidimensionale Internet und virtuelle Wirklichkeiten wie Second Life werden die Anforderungen an die bildliche Datenverarbeitung in den kommenden Jahren weiter enorm steigen. Alle neuen Technologien haben gemeinsam, dass riesige Datenmengen sehr schnell verarbeitet werden müssen, damit zum Beispiel Filme oder Simulationen sich nah an der Wirklichkeit bewegen. Der Benutzer soll außerdem auf natürliche und möglichst selbst erklärende Weise mit den Geräten und Programmen umgehen können. Um hierfür die Möglichkeiten von Hardware, Sensorik, digitaler Bildverarbeitung und Graphikprozessoren optimal auszunutzen, müssen Wissenschaftler aus verschiedenen Fachgebieten künftig enger zusammenarbeiten.
Ziel der Tagung auf Schloss Dagstuhl ist es daher, den gesamten Visualisierungsprozess von der Datenerhebung über die Erzeugung eines digitalen Bildes bis hin zur Wahrnehmung von Bildern zu betrachten. Eine der Herausforderungen für die Wissenschaftler ist dabei, die immer größer werdende Datenmenge sinnvoll zu verarbeiten und nicht so stark zu reduzieren, dass später eine dreidimensionale Rekonstruktion nicht mehr möglich ist. Hierfür sollen die grundlegenden Methoden, Werkzeuge und Systeme für „Visual Computing“ genau definiert werden, um von den bisher noch verbreiteten, störungsanfälligen Verfahren wegzukommen. Die neuen Erkenntnisse werden sich auf viele Anwendungen auswirken: Designern und Konstrukteuren wird die Arbeit erleichtert, Ärzten können Computertomographie-Bildern oder Röntgenaufnahmen besser auswerten, Wissenschaftler werden Naturkatastrophen genauer vorhersagen und Filmemacher und Webdesigner können realistischere virtuelle Welten erzeugen.
Die Tagung auf Schloss Dagstuhl wurde von Prof. Dr. Markus Gross von der ETH Zürich, Prof. Dr. Heinrich Müller von der Universität Dortmund, Prof. Dr. Hans-Peter Seidel vom Max-Planck-Institut für Informatik in Saarbrücken und von Dr. Harry Shum von Microsoft Research in Beijing (China) organisiert. Prof. Hans-Peter Seidel ist auch an dem neuen Masterstudiengang „Visual Computing“ (www.master-visual-computing.de) beteiligt, der seit diesem Wintersemester an der Universität des Saarlandes angeboten wird und erstmalig in Deutschland die verschiedenen Disziplinen von der Computergraphik über die mathematische Bildverarbeitung bis hin zur Medizininformatik vereint.
Nähere Informationen zum Seminar „Visual Computing- Convergence of Computer Graphics and Computer Vision“ und den Teilnehmern unter http://www.dagstuhl.de/07171