Um der zunehmenden Bedeutung der Informatik in Sport und Sportwissenschaft Rechnung zu tragen, treffen sich vom 3. bis zum 6. Juli 2011 internationale Experten in Schloss Dagstuhl, dem Leibniz-Zentrum für Informatik im nördlichen Saarland. Anlässlich der Fußballweltmeisterschaft der Frauen wird Fußball als ein Spezialthema behandelt.
Das international besetzte Organisationskomitee des wissenschaftlichen Seminars steht unter der Leitung von Prof. Dr. Martin Lames, Lehrstuhl für Trainingswissenschaft und Sportinformatik an der TU München. Dieser Lehrstuhl hat jüngst in einer Studie das Fußballspiel von Männern und Frauen verglichen: Frauen sind nach einer Verletzung wesentlich schneller wieder auf den Beinen als das starke Geschlecht und der Torjubel dauert bei den Männern viel länger als bei den sachlichen Frauen. Dank der Informatik konnte die Studie belegen, dass die Belastungsstrukturen im Frauenfußball andere sind als im Männerbereich, was eine eigene Trainingsphilosophie für Frauen erfordert.
Die Informatik bietet sowohl Trainern als auch Spielern Modellierungstechniken an, die das Spielverhalten verdeutlichen. Solche Modellierungstechniken können beispielsweise stabile Zustände wie Positionsspiel, geplanter Spielaufbau oder auch chaotische Phänomene wie Konterangriffe, genutzte oder vergebene Chancen beschreiben. In dem Dagstuhl-Seminar werden unter der Leitung von Prof. Dr. Jürgen Perl aus Mainz eine Reihe internationaler Experten aus Australien, Portugal und Kanada ihre Erfahrungen über Möglichkeiten von neuen theoretischen Modellierungen im Fußball zusammentragen, um die Technik weiter voranzubringen.
Für die Entwicklung verschiedener Modelle benötigen die Informatiker die Hilfe von Fußball-Experten, wie beispielsweise Max Reckers, der unter Louis van Gaal für die Video-Analysen beim FC Bayern München verantwortlich war. Die Organisatoren des Dagstuhl-Seminars erhoffen sich durch die Teilnahme von Max Reckers wichtige Einblicke und freuen sich, wenn Max Reckers ein wenig aus dem „Nähkästchen“ plaudert.
Ein gutes Training spielt nicht nur beim Fußball eine große Rolle sondern auch bei anderen Disziplinen; die vorhandenen Technologien werden jedoch nicht gleichermaßen häufig genutzt. Unter der Leitung des australischen Sportwissenschaftlers Dr. Stuart Morgan, der sich am australischen Institut für Sport mit der Betreuung von Athleten und Trainern vor allem im erfolgreichen australischen Hockey beschäftigt, wird in dem Seminar diskutiert, wo die Ursachen für die bisher geringe Nutzung der vorhandenen Technologien liegen.
Die mediale Aufbereitung des Profifußballs erschließt sich in diesen Tagen neue Dimensionen in Deutschland. Die DFL (Deutsche Fußball Liga) wird Daten und Bilder von den beiden deutschen Profiligen in Zukunft selbst vermarkten. Die dazu notwendige informationstechnische Aufbereitung ist Gegenstand einer Arbeitsgruppe unter der Leitung von Dr. Daniel Link, München. Hier werden Probleme der Erfassung von Aktions- und Positionsdaten diskutiert und mögliche Verbesserungen der Schnelligkeit und Genauigkeit der Informationsverarbeitung angeregt.
Die in dem Seminar behandelten Technologien im Fußball kommen nicht nur den Menschen zugute sondern finden ihren Einsatz auch bei den Fußball spielenden Robotern, die im Jahr 2050 so weit entwickelt sein sollen, dass sie den menschlichen Weltmeister in einem gewöhnlichen Fußballspiel schlagen. Unter der Leitung von Prof. Dr. Sven Behnke, Bonn, wird über den aktuellen Stand der RoboCup-Initiative berichtet. Neben dem zur Zeit technisch Erreichten im Roboterfußball soll auch diskutiert werden, wie das Wissen aus Sportpraxis und Sportwissenschaft gehoben werden kann, um die Roboter-Kicker noch leistungsfähiger zu machen.
Weitere Informationen zu dem Dagstuhl-Seminar Computer Science in Sport mit Teilnehmerliste sind zu finden unter dagstuhl.de/11271 .