Ärzte und Biologen sammeln eine Fülle von biomedizinischen Informationen in Datenbanken, um Krankheiten und deren Auslöser zu erforschen. Wenn man diese Daten auswertet, braucht man dafür entsprechende Terminologien und Klassifikationssysteme, die gemeinsam von den beteiligten Forschergruppen angenommen werden können. Häufig schleichen sich dabei jedoch Fehler ein, da grundlegende Faktoren wie zum Beispiel die Eigenschaften von Blut, Zellen oder Genen nicht klar oder eindeutig beschrieben werden. Dadurch wird es schwierig, Daten zu vergleichen und zuverlässige Kenntnisse an der Schnittstelle zwischen Medizin und Biologie zu gewinnen und in verwendbarer Form weiter zu kommunizieren. Wie man die biomedizinische Terminologie international vereinheitlichen kann, ist daher Thema einer Tagung vom 27. bis 30. März im Internationalen Begegnungs- und Forschungszentrum für Informatik (IBFI) auf Schloss Dagstuhl, zu der die international führenden Wissenschaftler für biomedizinische Ontologie zusammen kommen.
Viele Krankheitsbilder lassen sich derzeit kaum vergleichen, da in den entsprechenden Terminologien grundlegende Begriffe nicht einheitlich definiert sind. Vor den gleichen Problemen steht die Genforschung, die gigantische Datenmengen zu verwalten hat. Einige der Wissenschaftler der Tagung arbeiten deshalb in dem Gene-Ontology-Konsortium zusammen, um für die internationale Genforschung ein klar strukturiertes Klassifikationssystem aufzubauen. Die Begriffsverwirrung entsteht immer dann, wenn medizinische Fragestellungen unterschiedlich gedeutet werden. Während zum Beispiel in einem Datensystem „Blut“ als Gewebe bezeichnet wird, kann es in einer anderen Kodierung als Körperflüssigkeit auftauchen.
Für die Wissenschaftler ist die Begriffsverwirrung teils ein sprachphilosophisches Problem. Sie versuchen, die Begriffe klar zu definieren und zu ordnen, damit die medizinischen Daten besser elektronisch erfasst und miteinander verglichen werden können. Ihre Vision ist es, ein weltweit einheitliches biomedizinisches Klassifikationssystem zu entwickeln, damit bei der elektronischen Datenerfassung derartige Probleme nicht mehr vorkommen. Sie untersuchen dafür zuerst die grundsätzliche Frage, wie das Gegenstandsgebiet aussieht, das mit einer Datenbank erfasst werden soll. In der Medizin müssen zum Beispiel Begriffe gefunden werden, die genau beschreiben, wie sich der menschliche Körper aus Zellen, Gewebe und Organen zusammensetzt und wie der Stoffwechsel funktioniert.
Einer der Organisatoren der Tagung in Schloss Dagstuhl ist Professor Barry Smith, der das Institut für Formale Ontologie und Medizinische Informatikwissenschaften (IFOMIS) an der Universität des Saarlandes leitet und parallel in den USA forscht. Außerdem werden Prof. Mark A. Musen von der Stanford Unversity (USA), Prof. Michael Schröder von der Universität Dresden und weitere Wissenschaftler, vor allem aus den USA und Großbritannien teilnehmen.
Nähere Informationen zum Seminar „Towards Interoperability of Biomedical Ontologies“ und den Teilnehmern unter http://www.dagstuhl.de/07132