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Informatik-Denkschmiede im alten Fürsten-Schloß

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Dagstuhler Internationales Begegnungs- und Forschungszentrum für Informatik wurde zum Mekka für die Besten der Welt- Von LOTHAR WARSCHEID -
"Keine Netzverbindung!" Die Anzeige auf dem Handy ist eindeutig. Hier läuft nichts mit telefonieren und so, die Außenwelt hat sich verabschiedet. Klösterliche Ruhe herrscht an diesem Fleck im nördlichen Teil des Saarlandes. In der stillen Mittelgebirgs-Landschaft zwischen den Waderner Stadtteilen Lockweiler und Dagstuhl vermutet man alles mögliche, nur keine hochkarätige Denkschmiede der Informations-Technologie. Und doch ist es so. Schloß Dagstuhl, einst Fürstensitz, dann Altenheim, ist heute ein "Wallfahrtsort" für all jene, die zu den Architekten der künftigen Informationsgesellschaft gehören. "Internationales Begegnungs- und Forschungszentrum für Informatik (IBFI)" - mit diesem Titel darf sich Schloß Dagstuhl seit knapp zehn Jahren schmücken.
Jede Woche treffen sich dort Wissenschaftler aus aller Welt, die gemeinsam nach Lösungen suchen, sich leidenschaftlich mit dem "Generischen Programmieren" auseinandersetzen oder die "Stochastische Modellierung von Telekommunikationsnetzen und Verteilten Systemen" bis zum Abwinken diskutieren.
Dennoch darf man nicht einfach auf Schloß Dagstuhl vorbeischneien, auch wenn das jeweilige Thema für den einen oder anderen Computerfreak von brennendem Interesse ist. "Teilnahmeberechtigt ist nur, wer eingeladen wird", erzählt Angelika Mueller-von Brochowski. Die Diplom-Informatikerin leitet die Geschäftsstelle von Schloß Dagstuhl, denkt über Themen nach, schaut, wer in diesem oder jenem Fachgebiet führend ist und bringt so erfahrene Wissenschaftler und junge Forscher aus aller Welt zusammen. Das letzte Wort über Themen und Teilnehmer hat ein Wissenschaftliches Direktorium, das aus namhaften Informatik-Professoren besteht. Sie achten darauf, daß wirklich nur die Besten ihres Faches nach Schloß Dagstuhl eingeladen werden.
Diese Lehr- und Diskussionsveranstaltungen dauern jeweils eine Woche. An- und Abreise ist am Wochenende, an den fünf Werktagen wird intensiv gearbeitet. Viel Abwechslung bietet der Ort nicht, Fernseher sind verpönt. Dafür stehen etliche Diskutier- und Lesestuben sowie ein Weinkeller zur Verfügung. Alles ist auf Begegnung und Gespräch ausgerichtet. "Entsprechend fruchtbar sind unsere Dagstuhl-Seminare", erzählt Professor Reinhard Wilhelm, IBFI-Geschäftsführer. "Die Wissenschaftler jedenfalls sind begeistert." Professor Wilhelm läßt dabei nicht nur sein Herz sprechen, er kann es auch belegen. Denn einen Teil der Seminar-Kosten trägt die Europäische Union. Zur Kontrolle führt sie gelegentlich Befragungen durch, um zu überprüfen, ob die Zuschüsse sinnvoll verwendet werden. Bei solchen Abfragen kommt die Antwort "exzellent" schon unverschämt häufig vor, was die Mannschaft um Professor Wilhelm mit Stolz erfüllt.
Träger des IBFI sind das Saarland und Rheinland-Pfalz, die Gesellschafter der gemeinnützigen GmbH verschiedene Universitäten aus der Südwest-Region. Grund genug für Saar-Wissenschaftsminister Henner Wittling, einer stärkeren Kooperation der Hochschulen in Rheinland-Pfalz und dem Saarland das Wort zu reden. "Es ist besser, wenn die Region auf bestimmten Gebieten in der Welt Spitzenstellungen einnimmt, als wenn jeder vor sich hinwurstelt", meinte er beim Besuch des IBFI. "Dieses Bewußtsein muß geschärft werden." Nur das Streben nach absoluten Spitze "gewährleistet, daß die notwendigen Mittel für herausragende Leistungen bereitgestellt werden können", so der Minister. Grund für Wittlings Besuch in Dagstuhl ist eine von ihm ins Leben gerufene Initiative, mit der er sich für eine stärkere Vernetzung zwischen Forschung und den praktischen Bedürfnissen an deren Ergebnissen der Wirtschaft einsetzt.